Serientipp — Chernobyl

Als am 26. April 1986 Block 4 des ukrai­ni­schen Kern­kraft­werks Tscher­no­byl in die Luft fliegt, ist Euro­pa nur ganz knapp einer Kata­stro­phe ent­kom­men. Nach der Explo­si­on des Reak­tors war der Kern teil­wei­se geschmol­zen. Die­ser extrem hei­ße, geschmol­ze­ne Kern­brenn­stoff droh­te sich durch den Reak­tor­bo­den nach unten zu fres­sen. Direkt unter dem Reak­tor befand sich das Dampf­kon­den­sa­ti­ons­be­cken, das mit Tau­sen­den Litern Was­ser gefüllt war. Hät­te der geschmol­ze­ne Kern­brenn­stoff das Was­ser erreicht, wäre es durch den enor­men Über­druck und teil­wei­se Bil­dung von Was­ser­stoff zu einer wei­te­ren Explo­si­on gekom­men. Die­se wäre um ein Viel­fa­ches hef­ti­ger als die Explo­si­on von Block 4 des Kern­kraft­werks gewesen.

Nach Ein­schät­zung sowje­ti­scher Wis­sen­schaft­ler und spä­ter auch inter­na­tio­na­ler Exper­ten wäre nach die­ser Explo­si­on halb Euro­pa dau­er­haft ver­strahlt wor­den. Gro­ße Tei­le Deutsch­lands wären durch Cäsi­um-137 und ande­re lang­le­bi­ge Nukli­de so stark belas­tet wor­den, dass Land­wirt­schaft dau­er­haft unmög­lich gewe­sen wäre.

Regio­nen wie Bay­ern, Thü­rin­gen, Sach­sen und Tei­le Baden-Würt­tem­bergs wären even­tu­ell eva­ku­iert wor­den – je nach Wind­rich­tung. Groß­städ­te wie Mün­chen, Leip­zig oder Nürn­berg hät­ten eva­ku­iert wer­den müs­sen – in einem bis­her unvor­stell­ba­ren Maß­stab. Nach Ansicht des Wis­sen­schaft­lers Vale­ri Legas­sow, hät­te eine zwei­te Explo­si­on halb Euro­pa dau­er­haft unbe­wohn­bar gemacht. 

Nur durch den Ein­satz von drei todes­mu­ti­gen Tau­chern, die durch den Kel­ler des Reak­tors tauch­ten und ein Ven­til zu öff­nen und das Was­ser ablie­ßen, ist uns die­se Kata­stro­phe erspart geblie­ben. Die Fol­gen für die Bevöl­ke­rung in und rund um Tscher­no­byl waren aller­dings auch so kata­stro­phal. Die Gegend rund um den Reak­tor ist wohl noch eini­ge zehn­tau­send Jah­re unbewohnbar. 

Die Mini­se­rie „Cher­no­byl“ zeich­net die Gescheh­nis­se vom Tag der Explo­si­on, den Kurz­zeit­fol­gen, der teil­wei­se dra­ma­ti­schen Maß­nah­men und der Auf­ar­bei­tung nach rea­len Bege­ben­hei­ten nach.

Die Serie ist ein abso­lu­tes Glanz­stück fil­mi­scher Dar­stel­lung und ein Muss für jeden, der sich auch nur im Ent­fern­tes­ten mit dem The­ma Kern­ener­gie beschäf­tigt. Zudem ist sie ein schö­nes Bei­spiel für die Pro­pa­gan­da der Sowjets und die Arbeits­wei­se des KGB in den 80er Jah­ren. Cher­no­byl lief bereits vor vier Jah­ren im TV und ist der­zeit bei Ama­zon Prime zu sehen.

Filmtipp — The Bikeriders

Sozu­sa­gen als Hom­mage an die Anfän­ge des legen­dä­ren Motor­rad­club Out­laws zeigt der Film von Jeff Nichols den Wer­de­gang des MC nach wah­ren Bege­ben­hei­ten. Inspi­riert hat Nichols das Foto­buch des Foto­gra­fen und Doku­men­tar­fil­mers Dan­ny Lyon, der selbst ein Mit­glied des MC Out­law war. Der Film zeigt, wie eine Grup­pe von Har­ley Enthu­si­as­ten als Zusam­men­schluss eines Motor­rad­clubs von einer ehe­dem eher harm­lo­sen, wenn auch anar­chis­ti­schen Prä­gung gelei­te­ten Clubs, der mehr und mehr zu einer Ver­ei­ni­gung von Kri­mi­nel­len führt. Ins­be­son­de­re der immense Zulauf der sei­ner­zeit aus dem Viet­nam­krieg wie­der­keh­ren­den Vete­ra­nen, las­sen den Club unkon­trol­liert expandieren. 

Tom Har­dy spielt die Rol­le des Anfüh­rers und Prä­si­den­ten Jon­ny, des Motor­rad­clubs „Vand­alls“. Ihm zur Sei­te steht der wesent­lich jün­ge­re Ben­ny (her­vor­ra­gend: Aus­tin But­ler), der in Jon­ny eine Art väter­li­chen Freund sieht, aber ansons­ten ziem­lich mit­leid­los vor allem gegen sich sel­ber ist. Nach­dem nach und nach immer mehr Viet­nam Vete­ra­nen den Club infil­trie­ren, ver­liert Jon­ny zuneh­mend eine Vor­macht­stel­lung und er muss mit anse­hen, wie sich sein Club in ein kri­mi­nel­les Syn­di­kat ver­wan­delt. Fil­misch erzählt von der Ehe­frau des Vize­prä­si­den­ten Ben­ny ist Bike­ri­ders ein wirk­lich gut gemach­ter Film und für Freun­de der Har­ley David­son Motor­cy­cles allein schon für die Dar­stel­lung der vie­len alten wun­der­schö­nen Pan­heads und Knuck­le­heads Har­leys ein Muss. 

Sommerloch

Wenn der Puma in Sach­sen-Anhalt gesich­tet wird und der wil­de Wels in Bay­ern zubeißt, ist das Som­mer­loch da.

Viel weiß ich nicht über den wohl größ­ten euro­päi­schen Raub­fisch, außer, dass er gut schmeckt. In die­sem Fall des Angriffs auf eini­ge Bade­gäs­te hat­te der gro­ße Fisch wohl Hun­ger oder hat sein Gele­ge ver­tei­digt, jeden­falls ist nicht bekannt, dass Wel­se beson­ders aggres­siv wären. Viel­leicht kann unse­re Tauch­spe­zia­lis­tin queen-all mehr dazu sagen.

Aller­dings hat der hei­mi­sche Wels mit den von mir als Aqua­ria­ner gehal­te­nen Süd­ame­ri­ka-Wel­sen nur inso­fern zu tun, als das bei­de aus der Fami­lie der Wels­ar­ti­gen kom­men, nah ver­wandt sind sie jedoch nicht.

Gemein­sam haben sie auch, dass bei­de ziem­lich groß wer­den kön­nen. Der Wels im baye­ri­schen Brom­b­ach­see war wohl zwei Meter groß. Aqua­ri­en­wel­se, ins­be­son­de­re der Waben-Schil­der­wels kön­nen auf eine beacht­li­che Grö­ße von mehr als 50cm her­an­wach­sen, ist also nur was für gro­ße Aqua­ri­en ab 2,5 m und einem Volu­men von ca. 1200 l. Mei­ne Wel­se im Becken haben zwar Zäh­ne, eher Zähn­chen, die sie zum Ras­peln von Algen nut­zen, bei­ßen kön­nen sie damit aller­dings nicht.

Mein Anten­nen­wels — inzwi­schen zehn Jah­re alt.

Über­haupt – Süd­ame­ri­ka-Wel­se sind äußerst fried­lie­bend und hal­ten sich am liebs­ten tags­über in Höh­len auf. Beim Rei­ni­gen mei­nes Aqua­ri­ums ent­deck­te ich ges­tern eine längst von mir ver­ges­se­nen Röh­re, in der sich ein Anten­n­wels breit gemacht hat und nicht raus woll­te. Erst als ich die Röh­re her­aus­ho­len woll­te, rutsch­te er aus dem Ver­steck zurück ins Wasser.

Als Som­mer­loch­ge­schich­te ist das wohl eher nicht geeignet 😉

Drecksarbeit

Im aktu­el­len Kon­flikt sprich Bun­des­kanz­ler Merz davon, dass „Isra­el die Drecks­ar­beit für uns alle macht.“ 

Mal abge­hen davon, dass Merz offen­sicht­lich sein Voka­bu­lar leicht ver­rutscht ist, hat er mit der Aus­sa­ge Recht?

Die Kon­flik­te im nahen Osten sind geprägt von Inter­es­sen ver­schie­dens­ter Grup­pen und Grup­pie­run­gen. Und ja, wohl nie­mand möch­te Lang­stre­cken­ra­ke­ten mit ato­ma­ren Spreng­köp­fen in den Hän­den des Mul­lah Regime wis­sen. Dane­ben kommt Netan­ja­hu der Kon­flikt natür­lich gera­de recht. Der israe­li­sche Minis­ter­prä­si­dent ist auf­grund sei­nes Vor­ge­hens im Gaza Strei­fen vom inter­na­tio­na­len Gerichts­hof meh­re­rer Kriegs­ver­bre­chen beschul­digt. Seit 2024 liegt gegen den israe­li­schen Minis­ter­prä­si­dent Ben­ja­min Netan­ja­hu, den ehe­ma­li­gen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Yoav Gal­lant und den Hamas-Füh­rer Moham­med Diab Ibra­him Al-Mas­ri Deif (Moham­med Deif) ein Haft­be­fehl vor.

Amnes­ty Inter­na­tio­nal wirft Isra­el gar Völ­ker­mord an der Bevöl­ke­rung des Gaza­strei­fens vor.

Die Ver­mu­tun­gen für einen Geno­zid, oder doch min­des­tens der Ver­trei­bung der Paläs­ti­nen­ser aus dem Gaza Strei­fen erhär­tet sich auch aus der Tat­sa­che, dass das Mili­tär Isra­els, als einer der bes­ten Armeen der Welt, zusam­men mit dem Mos­sad, als einer der bes­ten und wohl auch skru­pel­lo­ses­ten Geheim­diens­te der Welt, die Füh­rung der Hams­as in weni­gen Tagen aus­ge­schal­tet hät­te, ohne dass es die Zivil­be­völ­ke­rung getrof­fen hät­te. Die Aus­sa­ge Trumps zur Umsied­lung der Bevöl­ke­rung erhär­ten noch ein­mal den Ver­dacht, dass es bei dem Kon­flikt nicht nur um die Aus­lö­schung der Hamas geht. 

Netan­ja­hu jeden­falls wur­de durch das Vor­ge­hen bei vie­len Staats­ober­häup­tern zur Per­so­na non gra­ta. Die jet­zi­ge Bedro­hungs­la­ge durch den Iran ändert das Bild des Minis­ter­prä­si­den­ten. Netan­ja­hu dürf­te bei einem Erfolg, näm­lich der Zer­stö­rung der Atom­an­la­gen der Ira­ner zum neu­en Hel­den auf­stei­gen, der Euro­pa von einer töd­li­chen Gefahr befreit hat. 

Merz der Ruderer

Gibt man in Goog­le den Such­be­griff Merz + Zurück­ru­dern ein, spuckt die Such­ma­schi­ne erstaun­lich vie­le Vor­gän­ge, in denen der Bun­des­kanz­ler in der Kür­ze sei­ner Amts­zeit Ver­spre­chun­gen gebro­chen und Dro­hun­gen ver­puf­fen las­sen hat:

Merz rudert bei Aus­sa­gen zur Arbeits­mo­ral in Deutsch­land zurück
Merz rudert bei Tau­rus Lie­fe­rung zurück
Merz rudert bei Aus­sa­gen zu Was­ser­stoff und Stahl zurück
Merz rudert zurück: Uni­on schließt Koali­tio­nen mit BSW auf Län­der­ebe­ne nicht mehr aus
Merz rudert bei Ent­las­tungs­ver­spre­chen zurück
Merz rudert bei Migra­ti­ons­de­bat­te zurück
Merz rudert bei AFD-Aus­sa­ge zurück 

Wenn es so etwas wie einen Preis für das Zurück­ru­dern gäbe, hät­te ihn Merz sicher ver­dient. Ist Fried­rich Merz nun ein Viel­red­ner, der sich — ganz in Ade­nau­er Manier — um sein „Geschwätz von ges­tern nicht mehr küm­mert“? Oder hat Fried­rich Merz ein­fach nur die Fähig­keit, aus Feh­lern zu lernen?

Natür­lich ist bei­des mög­lich, jedoch soll­te jemand der an der Spit­ze eines Staa­tes steht, vor halt­lo­sen Ver­spre­chun­gen oder gar Dro­hun­gen reflek­tie­ren können.
All­zu leicht wird sonst aus einem mäch­ti­gen Wort ein Kas­san­dra­ruf, bzw. aus einem Bun­de­kanz­ler ein Rufer in der Wüste. 

Natür­lich ist in der poli­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on die Dro­hung ein bewähr­tes Mit­tel, um Druck auf­zu­bau­en, Ver­hand­lungs­spiel­räu­me zu eröff­nen oder Geg­ner zur Koope­ra­ti­on zu bewe­gen. Die Wir­kung sol­cher Dro­hun­gen ent­fal­tet sich durch die Erwar­tung. Was pas­siert nun, wenn nach einer Dro­hung die Kon­se­quenz ausbleibt?

Kurz­fris­tig mögen lee­re Dro­hun­gen legi­ti­mes Mit­tel in der poli­ti­schen Land­schaft sein, lang­fris­tig jedoch birgt es erheb­li­che Risi­ken für die poli­ti­sche Glaub­wür­dig­keit. Wer wie­der­holt droht, ohne zu han­deln, schwächt nicht nur sei­ne eige­ne Posi­ti­on, son­dern ver­liert auch das Ver­trau­en in sei­ne Füh­rungs­stär­ke und Entschlossenheit.
Der poli­ti­sche Akteur hat eine Rich­tung ein­ge­schla­gen, aber man­gels Kon­se­quenz den Kurs kor­ri­giert, ohne sein Ziel zu erreichen.

Die Fol­ge: Die poli­ti­sche Dro­hung ver­liert an Schär­fe. Künf­ti­ge Ankün­di­gun­gen wer­den nicht mehr ernst genom­men, Geg­ner erken­nen das Mus­ter und tes­ten gezielt die Gren­zen aus. In Extrem­fäl­len kann das Ver­trau­en der Öffent­lich­keit ero­die­ren – nicht nur in ein­zel­ne Poli­ti­ker, son­dern in poli­ti­sche Insti­tu­tio­nen insgesamt.

Gera­de in Zei­ten zuneh­men­der Pola­ri­sie­rung und poli­ti­scher Unsi­cher­heit ist daher die Kon­se­quenz poli­ti­scher Kom­mu­ni­ka­ti­on von zen­tra­ler Bedeu­tung. Wer droht, muss sich bewusst sein: Die Wir­kung liegt nicht nur in den Wor­ten, son­dern in der Bereit­schaft, sie in Taten umzu­set­zen. Andern­falls droht die gefähr­lichs­te aller poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen – die schlei­chen­de Selbstentmachtung.

Mar­tia­lisch aus­ge­rückt: Wenn ich eine Waf­fe auf jeman­den rich­te, muss ich bereit sein abzudrücken. 

Soll­te Merz die­se unglück­li­che Eigen­schaft nicht ändern kön­nen oder wol­len, steigt die Gefahr, in der Wel­ten­ge­mein­schaft nicht mehr ernst genom­men zu wer­den. Das könn­te in Zei­ten des zuneh­men­der impe­ria­ler Macht­ha­ber in der Welt durch­aus gefähr­lich werden.